Wie weiter ohne Mancozeb?
- In dieser Saison fällt der wichtige Kontaktwirkstoff Mancozeb zur Bekämpfung von Kraut- und Knollenfäule weg. Insgesamt sind hiervon 28 Produkte betroffen. Was sind die Gründe für den Wegfall?
Von Zeit zu Zeit werden die Auflagen, unter denen Pflanzschutzmittel zugelassen werden, überprüft und aktualisiert. Wenn infolgedessen gesundheitliche oder umweltbezogene Bedenken entstehen, wird ein Wirkstoff nicht erneut zugelassen. So war es nun auch für Mancozeb.
- Welche alternativen Strategien gegen Krautfäule sind nun möglich?
Mancozeb-haltige Präparate wurden auf Grund des geringen Preises und der recht breiten Wirkung gerne und häufig eingesetzt. Um einen Ausblick für einen passenden Ersatz in der Kartoffel zu geben, ist sich an dem bisherigen Einsatzspektrum zu orientieren. Mancozeb war ein reiner Kontaktwirkstoff ohne systemische Eigenschaften. Somit wurde stets vorbeugend auf die zu schützenden Blätter appliziert. Der Haupteinsatz richtete sich gegen Kraut- und Knollen bzw. Braunfäule in Kartoffel aber auch Tomaten sowie gegen Falschen Mehltau in Wein.
Glücklicherweise stehen für diese Indikationen derzeit noch einige Alternativen zur Verfügung. Für die Krautfäulebekämpfung stehen im Moment noch Kontaktwirkstoffe wie Fluazinam (Shirlan®) oder Cyazofamid (Ranman® Top) zur Verfügung, die mehr als nur ein Ersatz sind. Beide Wirkstoffe lagern sich in der Wachsschicht ein und sind schnell und dauerhaft regenfest. Damit wird ein Einwachsen des Pilzmyzels in die Pflanze schon während der Sporenkeimung effektiv verhindert. Somit besitzen die genannten Wirkstoffe mehr positive Eigenschaften als Mancozeb. Als weitere Alternative stünden noch die Wirkstoffe Zoxamide und Amisulbrom zur Verfügung. Alles in allem 4 Wirkstoffe aus drei Wirkstoffgruppen.
- Wie wirkt sich der Verlust von Mancozeb auf das Resistenzmanagement aus?
Mancozeb war ein sogenannter Multi-Site-Inhibitor, der sehr breit und unspezifisch gewirkt hat. Damit war das Resistenzrisiko als sehr gering einzuschätzen. Die Alternativen sind hinsichtlich ihres Resistenzrisikos kritischer anzusehen. Dies bedeutet, diese sollte man alternierend und in Kombination einsetzen, um den Selektionsdruck auf ein Minimum zu beschränken. Durch mehrere Wirkorte ist Fluazinam als am wenigsten resistenzgefährdet unter den Verbliebenen einzuschätzen.
- Wegen der immer schmaleren Wirkstoffpalette wird es zunehmend wichtiger, das Befallsrisiko von vornherein zu senken. Welche Maßnahmen des Integrierten Pflanzenschutzes sollte man nun noch konsequenter umsetzen?
Durch gezielte Maßnahmen sollte der Eintrag von Phytophthora-Sporen möglichst minimiert und vor allem verzögert werden. Ein erster Schritt ist gesundes Pflanzgut auszupflanzen. Im Anschluss sollten die ersten Fungizidmaßnahmen gezielt mit systemischen Wirkstoffen wie Propamocarb oder Oxathiapiprolin erfolgen, um den Primärbefall der Mutterknolle im Stängel direkt zu bekämpfen. Damit wird eine Bildung von Inokulum sowie eine Ausbreitung frühzeitig unterdrückt.
Eine weitere Eintragsquelle für Sporen sind Durchwuchskartoffeln auf Flächen, auf denen in Vorjahren Kartoffeln standen. Diese gilt es sowohl mechanisch als auch chemisch konsequent zu bekämpfen. Dazu sollte man nach der Ernte die verbleibenden Knollen nicht vergraben, sondern möglichst flach an der Bodenoberfläche halten, damit der Frost ebenfalls einwirken kann. Weiterhin ist dringend darauf zu achten, dass die Durchwuchskartoffeln im Folgejahr keine neuen Tochterknollen bilden. Die Durchwuchskartoffeln können am effektivsten bekämpft werden, wenn Mais als Folgekultur steht. Zum einen wird die tiefe Bodenbearbeitung erst im Frühjahr durchgeführt, und zum Zweiten steht im Mais das größte Portfolio an Herbiziden zur Durchwuchskartoffelbekämpfung zur Verfügung. Insbesondere Kombinationen von Pyridate und Mesotrione (Botiga®, Onyx®) haben sich als sehr erfolgreich dahingehend dargestellt.
- Ohne Mancozeb ist auch eine Anpassung der Alternariastrategie erforderlich. Wie kann künftig eine sichere Kontrolle des Erregers gelingen?
Durch den stetigen Einsatz von Mancozeb konnte in der Vergangenheit bereits eine zum Teil ausreichende Bekämpfung von Alternaria gewährleistet werden. Nun verengen sich vor allem hier die Möglichkeiten, die uns bleiben. Nur drei Wirkstoffgruppen haben eine nennenswerte Wirkung auf Alternaria spp. (Triazole, Strobilurine, Carboxamide). Allerdings weisen die Strobilurine und Carboxamide in weiten Teilen Deutschland nur noch geringe Wirkungsgrade auf. Dort ist die Resistenz von Alternaria gegenüber den genannten Wirkstoffen bereits weit vorangeschritten. Somit liegt die Last zukünftig weitestgehend auf den Triazolen. Nur Difenoconazol und Prothiocaonzol sind hier zugelassen. Zusätzlich wird nur Fluazinam (Shirlan®) eine geringe Nebenwirkung auf Alternaria-Arten zugesprochen, die jedoch geringer ist als die von Mancozeb. Daher ist es enorm wichtig, die Kartoffel möglichst immer im Optimum zu führen und jedweden Stress von der Kartoffel fernzuhalten. Alternaria spp. infiziert und verbreitet sich besonders unter Stressbedingungen (Schwächeparasit). Möglicher Stress kann Trocken-, Hitze- aber auch Wasserstress bei Überflutung sein. Nährstoffmangel kann ebenso zu erhöhter Alternaria-Anfälligkeit führen.
- Auch bei Alternaria ist die Resistenzentwicklung alarmierend. Inwieweit verschärft sich durch den Mancozeb-Wegfall die Situation?
Wie bereits beschrieben, steigt der Resistenzdruck bei Alternaria viel stärker durch den Mancozeb-Wegfall als bei Phytophthora. Die alternativen Wirkstoffe sind jetzt schon begrenzt, und durch bereits existierende Resistenzen noch weiter eingeengt. Es gilt durch viele integrierte Maßnahmen die Anfälligkeit für Alternaria zu minimieren. Zudem müssen die verbleibenden Wirkstoffe alternierend eingesetzt werden. Die geringe Nebenwirkung von Fluazinam (Shirlan®) kann in einer Gesamtstrategie zusätzlich berücksichtigt werden, da Fluazinam mit geringem Resistenzrisiko behaftet ist.
- Sind neue Wirkstoffe gegen Kraut- und Knollenfäule sowie Alternaria in der Pipeline? Wird auch an biologisch wirkenden Produkten geforscht?
Prinzipiell ist davon auszugehen, dass alle forschenden Unternehmen auch nach Wirkstoffen suchen, die in der Kartoffel einzusetzen sind. Dies gilt für den konventionellen als auch für den biologischen Bereich. Belchim Crop Protection hat Zugang zu japanischen Pipelines, die 40 % aller zukünftiger Wirkstoffe weltweit ausmachen. Neben dem Entdecken und der Entwicklung von Wirkstoffen zu Produkten, ist es aber auch von größter Bedeutung, dass die Politik und Gesellschaft eine Zulassung ermöglicht, um dann auch dem Landwirt in Deutschland zur Verfügung zu stehen. In diesem Bereich steckt sehr viel mehr Ungewissheit, als bei der Möglichkeit neue Produkte zu entwickeln. Belchim Crop Protection wird in Zukunft neue Produkte in den Markt einführen, auch mit dem Fokus für die Kartoffel.
Dr. Clemens Siebner
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